Von Fit- und Schlappmachern

OP 29.6.2024

Gemeinsam wird der Teig für die Focaccia vorbereitet: Marfa, Donja und Alina (von links) haben mit ihren Kameraden der Intensiv-Klasse drei Wochen lang vieles rund um eine gesunde Ernährung gelernt.  Fotos: Jost

Dreieich – Marfa und Donja haben ihr Focaccia mit besonders viel Liebe behandelt und den Hefeteig in Herzform zurecht geknetet. Auf dem Backblech in der Küche der Ludwig-Erk-Schule in Dreieichenhain wartet das Brot jetzt darauf, in den Ofen zu kommen. Bei Prokhor und Platon muss Köchin Martina Hunkeler darauf achten, dass die Jungs den Teig überhaupt zu einem Fladen formen, so viel Spaß haben die Zwillinge daran, ihre Hände immer wieder in der weichen Masse zu versenken.

In der Intensiv-Klasse der Grundschule dreht sich drei Wochen lang alles um das Thema gesunde Ernährung. Die Focaccia ist die Beilage zu einer Kräutercremesuppe. Als Vorspeise steht frisch aufgeschnittene Rohkost mit Kräuterquark auf der selbst gestalteten Menükarte und als Hauptgericht haben die Kinder Hühnchenbrustspieße, eingelegt in Soja-Kokosmilchsoße, vorbereitet.

Die Kinder vom ersten bis zum vierten Schuljahr, die noch geringe Deutschkenntnisse haben und bei Intensiv-Klassenlehrerin Jamila Shavaf auf den Übergang in die Regelklasse vorbereitet werden, profitieren von dem Programm der Dreieicher Bürgerstiftung. "Wir haben uns jetzt drei Wochen lang mit gesunden Lebensmitteln in Theorie und Praxis beschäftigt. Wir haben Experimente gemacht und in der dritten Woche haben wir jeden Tag zusammen mit Martina Hunkeler gekocht", erklärt die Pädagogin. Die elf Kinder aus Afghanistan, Serbien, der Ukraine und der Türkei wissen jetzt, was gesunde und ungesunde Lebensmittel sind, kennen die Ernährungspyramide, haben sich mit Vitaminen beschäftigt und kennen den Unterschied zwischen "Fitmachern" und "Schlappmachern". Nicht nur Marfa hat gelernt: "Zucker macht erst wach und dann müde." In der zweiten Woche stand das Training im Umgang mit den Küchenwerkzeugen auf dem Programm und die Kinder haben das Tischdecken geübt.

"Wir haben außerdem Kresse gepflanzt und bei Versuchen getestet, wie wir erkennen, ob ein Lebensmittel Fett hat oder nicht", deutet Jahid auf die Fensterbilder. Gegen das Licht kann man gut erkennen, dass auf den kleinen Zetteln, auf denen Gurke, Kohlrabi und Karotte steht, einfach nichts zu erkennen ist. Bei Walnuss, Avocado und Käse haben sich Fettränder gebildet. Zudem gab es einen Geschmacks-, Geruchs- und Tasttest mit verbundenen Augen von verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, bei den die Kinder die Sorten erraten sollten.

Die Krönung für die Grundschüler war es natürlich, selbst am Herd aktiv zu werden. Jeden Tag haben sie sich auf die Arbeit mit Martina Hunkeler gefreut. Haben nahezu zuckerfreien Apfelkuchen gebacken, für köstliche Gemüsesuppen alle Zutaten geschnippelt und mehrfach vollwertiges Brot gebacken. "Es ist etwas Besonderes für die Kinder, meistens dürfen sie zu Hause doch nicht so helfen. Sie sind mit viel Eifer dabei. Ganz nebenbei, das ist bei dieser Gruppe ja auch von Bedeutung, haben sie ihren deutschen Wortschatz trainiert", hat auch Hunkeler ihre Freude an der Arbeit mit den Nachwuchsköchen.

Heidi Soboll, Vorsitzende der Dreieicher Bürgerstiftung, ist glücklich über so viele glänzende Augen in der Schulküche. "Unsere Grundidee war es, Kinder mit diesem Programm für gesunde Ernährung zu sensibilisieren. Wir haben bei diversen Schulbesuchen in unseren unterschiedlichen Projekten erlebt, dass viele Schüler Süßigkeiten, abgepackte Lebensmittel und süße Getränke, anstatt Obst, Gemüse, gesunde Brote oder Wasser in ihren Frühstücksboxen haben. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass sich da etwas ändert", erklärt Soboll die Motivation der Bürgerstiftung. Die drei Wochen sollen zeigen, dass es nicht schwer ist, gesunde und auch kostengünstige Frühstücksboxen und Mahlzeiten vorzubereiten. Die Brotdosen, sagt Lehrerin Jamila Shavaf, sind auch in Dreieichenhain ein Thema. "Wir haben die Schokolade bei den Kindern aussortiert und Gemüse reingepackt", erzählt sie. Auch die Eltern hat die Lehrerin aktiv mit ins Boot geholt. "Schon in Woche zwei gab es lauter gesunde Frühstückspakete bei den Kindern", ist auch sie von einem nachhaltigen Erfolg des Projekts überzeugt. Dafür soll letztlich auch das Kochbuch mit den Rezepten der Woche sorgen, das die Kinder selbst hergestellt haben.

Für Heidi Soboll ist die Kooperation mit der Schule ein großer Erfolg. Schon vor einigen Jahren gab es Projekttage zum Thema gesunde Ernährung in der Ludwig-Erk-Schule. Die Bürgerstiftung möchte noch mehr Dreieicher Grundschulen dafür gewinnen, den Kurs in ihren Klassen anzubieten. Wer Interesse hat, kann sich bei der Bürgerstiftung unter mail@buergerstiftung-dreieich.de melden.

Quellenangabe: Offenbach-Post vom 29.06.2024, Seite 27